Seit wann züchtet man Rassekaninchen?
Für eine planvolle, zielgerichtete Zucht war die Umstellung vom Gehege auf die heute übliche Buchtenhaltung zur Zeit der Industrialisierung eine wesentliche Voraussetzung. Der Mensch bestimmte von nun an die Auswahl der Zuchttiere und beeinflusste damit nachhaltig die Rassebildung. Bis zum Jahre 1700 waren insgesamt nur 5 verschiedene Rassen bekannt. Die blauen, braunen und gelben Rassen sind erst ab ca. 1800 entstanden, die genetisch schwierigeren Rassen erst sehr viel später, teilweise erst im 20. Jahrhundert.
Eine planmäßige Zucht setzt eine züchterische Organisation voraus, deren Ursprünge fast 140 Jahre (Gründung der ersten Kaninchenzuchtvereine in Deutschland, z.B. 1873 in Hildesheim) zurückreichen. Während in den Anfängen rein wirtschaftliche Sachzwänge ausschlaggebend waren, ist seit den Sechziger Jahren eine Verstärkung der sozialen Komponenten feststellbar. Heute ist die Kaninchenzucht vor allem ein erfüllendes Hobby und eine sinnvolle Freizeitgestaltung aus Sportsgeist und Freude am Tier. Mittlerweile beträgt die Zahl der im Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter (ZDRK) organisierten Züchter etwa 160.000.
Zucht und Haltung der Kaninchen erfolgen heute in modernen, repräsentativen Stallanlagen und auf artgerechte Haltung und Fütterung wird größter Wert gelegt. Durch das gestiegene gesellschaftliche Interesse an Natur und Ökologie konnten neue Personenkreise für die Kaninchenzucht erschlossen werden, die früher nur selten in den Kaninchenzuchtvereinen vertreten waren.
Wenn in der Rassekaninchenzucht nach dem verbindlichen ZDRK-Standard mittlerweile 88 Kaninchenrassen in insgesamt 370 Farbenschlägen gezüchtet werden, so ist dies das Ergebnis einer langen und erfolgreichen Zuchtarbeit. Um die in den etwa 5.000 Kaninchenzuchtvereinen jährlich heranwachsenden Tiere nicht zu verwechseln, werden alle mit einer unterschiedlichen Tätowierung in beiden Ohren gekennzeichnet. Anhand des Abstammungsnachweises und der Kennzeichnung kann die Herkunft eines jedes Kaninchens eindeutig festgestellt werden.
Die Organisation des deutschen Zuchtwesens ist weltweit führend und bildet die Voraussetzung zur Erhaltung der vielen Rassen und Farbenschläge in unterschiedlicher Körperform , -größe und Felllänge. Sie ist Garant für den weltweiten Export deutscher Kaninchen.
Die genetische Vielfalt der anerkannten Rassen ermöglichte für nahezu alle Edelfelle die Erzüchtung eines ähnlichen Kaninchenfelles, womit es der Kaninchenzucht zu verdanken ist, wenn auf Pelze von bedrohten und wild lebenden Arten sowie Raubtieren verzichtet werden kann. Auch der Wollertrag des Angorakaninchens konnte in den letzten Jahren auf immerhin 1 – 1,5 kg Rohwolle pro Jahr gesteigert werden. Dies entspricht im Verhältnis etwa 7 bis 8-mal dem Ertrag, den ein Schaf produziert und führt die Leistungsfähigkeit der Kaninchenzucht anschaulich vor Augen.